Letztes Update  14.12.2025
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Nachhaltig

Das grosse Dilemma

Nachhaltigkeit

Die Frage ist nicht wie? Die Frage ist, wann entscheiden wir uns nachhaltiger zu wirtschaften?

Die Welt ist im Wandel - ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Die einzigen Unwägbarkeiten sind das Tempo und die Richtung dieses Wandels und die Frage, ob die Gesellschaften Wege zu langfristiger Nachhaltigkeit und Wohlstand finden oder sich stattdessen mit zunehmender Unbeständigkeit und beschleunigtem Niedergang abfinden werden.

Übergänge verlaufen nur selten reibungslos, und die Nachhaltigkeitstransformation ist vielleicht die schwierigste, die die globalen Gesellschaften je erlebt haben. Scheinbar widersprüchliche Wahrheiten und tiefe Ungewissheiten müssen in kurz-, mittel- und langfristigen Plänen berücksichtigt werden.

Wie bei früheren Umwälzungen - die laufende digitale Transformation ist ein gutes Beispiel dafür - stehen erhebliche Werte auf dem Spiel, und es können enorme Werte geschaffen werden.
Übersetzt von: Jacco Kroon etal. 2024. Report: Catching the wave - Seizing the opportunities of sustainability transforamtion  Executive Summary.ERM. Sustainabilty Institute and World Busness Council for Sustainable Development. PDF

Wir sind nicht nachhaltig unterwegs. Innerhalb der Lebenszeit einer einzigen Generation nahm die Weltbevölkerung, der globale CO2 - Ausstoss, der Ressourcen- und Energieverbrauch in beispiellosem Tempo zu.

Datenquelle: Christian Berg. 2020. Online-Vorstellung des neuen Berichts an den Club of Rome – Ist Nachhaltigkeit utopisch?

Eine nachhaltige Entwicklung ist kaum vorstellbar ohne

  • eine Wirtschaftstransformation inklusive des Ausbaus einer konsequenten Kreislaufwirtschaft,
  • dem gleichzeitigen Zurückfahren des Überkonsums,
  • der raschen Reduktion der CO2 – Emissionen, sowie
  • einer grundlegenden Änderung der Art und Weise, wie wir Land bewirtschaften.

Wir müssen von der tief verinnerlichten Grundhaltung Wettbewerb und Eigennutz hin zu einer Grundhaltung Kooperation und Gemeinwohl finden, wollen wir z.B. den globalen Klimawandel wirklich eindämmen.


Definition von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.
Brundtland-Bericht - Our Common Future, Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, 1987

Nachhaltigkeit ist ein Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.
Wörterbuch Duden

Nachhaltigkeit bedeutet - auf eine prägnante Formel gebracht - gutes Leben für rund zehn Milliarden Menschen innerhalb der ökologischen Grenzen auf unserem Planeten.
Uwe Schneidewind. Buch: Die Grosse Transformation - Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels. 2018

Nachhaltigkeit ist ein Leitkonzept, um humane Lebensbedingungen für alle Menschen weltweit heute und in Zukunft sicherzustellen und zu fördern sowie dazu beizutragen, dass die dafür notwendigen natürlichen Lebensgrundlagen wiederhergestellt und erhalten werden.
Mark Lawrence. 2023. Wie lebe ich nachhaltig? RIFS Forschungsinsitut für Nachhaltigkeit. Helmholtz-Zentrum Potsdam.

So einfach diese Definitionen auch lauten, so schwer ist es, ein einheitliches, gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit zu erlangen.

Aber ohne ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit ist die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft kaum zu bewältigen.

Transformation heisst, dass wir bestimmen, was wir erhalten und bewahren - und gleichzeitig, wovon wir uns trennen wollen.
Stefan Brunnhuber. 2023. Buch: Die Kunst der Transformation - Wie wir uns anpassen und die Welt verändern.


17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung
UN Agenda 2030 

Diese Ziele beantworten alle drei Designfragen für gute Politikgestaltung im 21. Jahrhundert: Welche Bedürfnisse haben wir? Wie sehen die Umstände aus? Welche Ressourcen sind zentral?
Im Einzelnen lauten sie:
  1. Armut überwinden
  2. Hunger beenden und gesunde Ernährung sichern
  3. Gesundheit und Wohlergehen steigern
  4. Hochwertige Bildung garantieren
  5. Geschlechtergerechtigkeit garantieren
  6. Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen garantieren
  7. Bezahlbare und saubere Energie bereitstellen
  8. Menschenwürdige Arbeit und nachhaltiges Wirtschaftswachstum
  9. Industrie, Innovation und Infrastrukturen nachhaltig erneuern
  10. Ungleichheit zwischen und in Ländern abbauen
  11. Nachhaltige Städte und Gemeinden entwickeln
  12. Nachhaltiger Konsum und Produktion
  13. Massnahmen zum Klimaschutz
  14. Leben unter Wasser erhalten
  15. Leben an Land unterhalten
  16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
  17. Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
    Maja Göpel. Buch: Werte – Ein Kompass für die Zukunft. 2025

Um die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der UN Agenda 2030 zu erreichen, müssen wir unsere Art zu wirtschaften und zu konsumieren grundlegend verändern.

Die Digitalisierung kommt in der Agenda 2030 kaum vor, doch sie wird deren Umsetzung stark beeinflussen.
WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung. 2018. Digitalisierung: Worüber wir jetzt reden müssen. 

Neuere Studien zu den Wechselwirkungen zwischen den Nachhaltigkeitszielen haben den Erhalt der Biodiversität als einen der stärksten Hebel zur Erreichung von Nachhaltigkeit identifiziert.
Akademie der Naturwissenschaften Schweiz. Mit Biodiversität die SDGs erreichen. 2021. PDF

Die Vereinten Nationen warnten, dass ohne eine bessere Performance der G20-Staaten, die für 75 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich zeichnen, die UN Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung scheitern werde.

Hier ist vor allem auch das Konsumverhalten der reichen Industrieländer Gegenstand der Kritik.

Schätzungen, wonach die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,7 Milliarden ansteigt, werden die Menschen und den Planeten vor immense Herausforderungen stellen. Asiens Aufstieg wird zweifelsohne auch zu höherer Energienachfrage, mehr Konsum und Produktion führen.

Dafür ist eine öffentliche Diskussion über einen breiten Ansatz von Nachhaltigkeit nötig. Das ist keine rückwärtsgewandte «Öko-Agenda», sondern es sind überfällige Reformen für wirtschaftliche Modernisierung, Klimaschutz und Innovation.
Sabina Wölkner. Agenda 2030: Mut zur Nachhaltigkeit! Konrad Adenauerstiftung. Auslandsinformationen 3/2019.

Hintergrund Bild © ra2studio | Shutterstock, Inc. [US] 2018 

Wer also wirklich etwas ändern will, kommt um ein Nachdenken über das Dogma des «IMMER MEHR» nicht herum. 

Im Run auf immer «mehr» verlieren wir den Blick, dass «besser» eine ganz andere Zielsetzung ist.
Maja Göpel. Buch: Werte. ein Kompass für die Zukunft. 2025
Kein intelligenter Mensch glaubt noch daran, dass das bestehende Wirtschaftssystem und das Konsumniveau der Gegenwart sich noch auf ein oder zwei Generationen fortsetzen lassen, ein Gedanke, der um 1900 oder 1950 noch selbstverständlich gewesen wäre. Das macht deutlich: Wir befinden uns am Ende von etwas. 
Blom Philipp. Buch: Das grosse Welttheater. Von der Macht der Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs. 2020

Da Einschränkungen des Konsums aufgrund der nicht gewollten wirtschaftlichen und sozialen Folgen gar nicht angestrebt werden, fokussieren sich Wirtschaft und Politik auf eine Strategie der Versprechungen und die Konsumenten auf symbolische Ersatzhandlungen.

Das Gebot der Stunde lautet z.B. weniger Autos, weniger Kreuzfahrten und kleinere Wohnungen. Doch dazu wird es nicht kommen. In der auf wirtschaftliches Wachstum und Konsumismus geeichten kapitalistischen Moderne ist eine politisch verordnete Schrumpfung der Wirtschaft schlicht nicht durchsetzbar.
Beckert Jens. Buch: Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen Klimawandel zu scheitern droht. 2024

Der Gedanke, dass der Konsum entsprechend den Bedürfnissen eines Planeten, den sich acht Milliarden Menschen teilen, begrenzt werden sollte, ist für viele, vor allem in den privilegierten Nationen, als individuelle Orientierung und als politisches Programm undenkbar.
Übersetzt von: Anna Katsman. Planetary Commons. The New Institute. 25.05.2024

Dass die Vorstellung, auf einen Teil des gewonnenen Wohlstands verzichten zu müssen, Angst bereitet, ist verständlich. Da hilft es sich klarzumachen, dass sich ein erfülltes Leben nicht an der Zahl der unternommenen Kreuzfahrten oder der Grösse des Kleiderschranks bemessen lässt.

Verzicht wird nicht selten mit Verlust assoziiert, der für immer eine Lücke hinterlässt. Doch wo Lücken klaffen, entsteht auch Raum für Neues.
Silvia Liebrich. Wir müssen lernen zu verzichten. Süddeutsche Zeitung. 30. Juli 2022.

Verzichten müssen wir nicht auf Glück, Wohlbefinden und Gerechtigkeit, sondern auf Masslosigkeit, Überfluss, Stress und Konsumdekadenz.
Stefan Brunnhuber. Buch: Die Kunst der Transformation. Wie wir uns anpassen und die Welt verändern. 2023

Verzichten heisst in reichen Ländern eigentlich nicht mehr und nicht weniger, als darauf zu verzichten, den Planeten zu ruinieren und dafür die Lebensgrundlagen in der Zukunft zu erhalten. Das ist natürlich ein grosses Wort. Geht es nicht ein bisschen kleiner? Leider nein.
Maja Göpel. Buch: Unsere Welt neu denken. Eine Einladung. 2020